Agrarpolitik

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Mit ⅓ der EU-Gelder ist die Agrarförderung der größte Subventionsposten der EU. 2020 wurde im EU-Parlament und -Rat über ein Reformpaket für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) nach 2020 diskutiert. Die Mitgliedstaaten setzen sich hierbei nachdrücklich für ehrgeizigere Umweltziele ein, z.B. durch eine Umverteilung der Agrarsubventionen in Hinblick auf die Bedrohungen des Klimawandels, das Artensterben und den Verlust von Biodiversität.

Auch in Deutschland werden vermehrt Diskussionen, über Reformen in der nationalen Agrarpolitik geführt. Nachdem die Bundesregierung im Februar 2021 zum Schutz von Insekten ein Gesetzespaket auf den Weg gebracht hatte, das unter anderem den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln deutlich einschränken soll, gingen zahlreiche Landwirt*innen auf die Straße. Sie fühlen sich überrannt und alleingelassen mit den schwer zu stemmenden Forderungen der Regierung.

Der Konflikt zwischen industrieller und ökologischer Landwirtschaft zeigt ein zunehmendes Bewusstsein für den Umweltschutz und die Verantwortung der Landwirtschaft im Kampf gegen den Klimawandel auf. Doch wie positionieren sich die Parteien, vor allem in Hinblick auf die kommenden Bundestagswahlen, zu Themen wie Tierwohl, Artenvielfalt & Biodiversität, Gentechnik und der EU-Agrarpolitik?


Vergleich – Was sagen die Parteien zu diesen agrarpolitischen Themen?

Kreise bedeuten, dass die Partei sich im Wahlprogramm entweder gar nicht oder nur allgemein zu dem Thema äußert.

Genauere Informationen zu der Agrarpolitik der Parteien

Kontroversen zwischen den Parteien


Agrarpolitik Die Linke

Die folgende Information wurden dem Wahlprogramm 2021  entnommen.

Die Linke trennt traditionsgemäß hinsichtlich der Rolle von großen Lebensmittel- und Agrarkonzernen auf der einen und Landwirt*innen auf der anderen Seite.  Zentral ist daher auch im Wahlprogramm die Unterstützung von Klein- und Junglandwirt*innen. Darüber hinaus sollen regionale Absatzstrukturen für Agrarprodukte sowie die Regulierung von Exporten und Tiertransporten zu einer sozial gerechten und an dem Gemeinwohl orientierten Agrarpolitik führen. Kritik an profitorientierten Großunternehmen klingt in vielen Themenbereichen immer wieder durch. In dem postulierend geschriebenen Wahlprogramm kommen im Vergleich zu den anderen Parteien öfter Forderungen auf. Aufgrund der politisch linken Ausrichtung und der konkreten Forderungen des Wahlprogramms polarisiert es stärker als beispielsweise das Wahlprogramm der CDU/ CSU.

Viele Forderungen der Linken werden aus dem Programm zur Bundestagswahl von 2017 übernommen, jedoch zum Teil konkretisiert. Adressaten des Wahlprogramms sind unter anderem einkommensschwache Wähler*innen. Verweise auf die Rechte, Forderungen und den Schutz von Menschen mit schwächerem sozio-ökonomischen Hintergrund sind insgesamt jedoch weniger im aktuellen Wahlprogramm zu finden als noch vor vier Jahren. Einige der Forderungen und geplanten Maßnahmen zeigen Parallelen zu den Forderungen des Bündnis 90/ Die Grünen. Beispiele dafür stellt die Forderung nach einer verstärkten regionalen Vermarktung sowie dien Abbau von Pestiziden dar. Widersprüchlich ist im Programm der Linken, dass einerseits bezahlbare und gesunde Nahrungsmittel für alle gefordert werden, jedoch auch ein höherer Erzeugerpreis auf EU-Ebene von der Linken angestrebt wird.

Im Gegensatz zu liberalen Parteien wie der FDP fällt bei den Linken auf, dass sie viele Regularien vorschlagen und insgesamt stärker den Staat in die Verantwortung um Herausforderungen in der Landwirtschaft zu bewältigen.

Wie bereits angesprochen wird in dem Wahlprogramm seltener als zuvor direkt eine Zielgruppe angesprochen. Somit lässt sich eine Tendenz zu Regierungsambitionen bzw. zum Wunsch nach der Repräsentation von mehr Bevölkerungsteilen erkennen. Trotzdem unterscheidet sich die Agrarpolitik in einigen Punkten, wie der Bodenreform, eindeutig von Regierungsparteien und anderen Parteien mit Regierungsambitionen wie beispielsweise dem Bündnis 90/ Die Grünen. Letztlich kann das Wahlprogramm der Linken somit auch deshalb als Protestprogramm gewertet werden, weil ihre Forderungen mit Blick auf die Kompatibilität mit anderen Parteien zum Teil unrealistisch sind.

Initiativen der Partei im Bundestag:

  • Keine Ausbeutung von Saisonarbeitskräften
  • Bekämpfung der Ansteckungsfälle mit Covid-19 in landwirtschaftlichen Betrieben
  • Teilhabe von Frauen in der Landwirtschaft und den ländlichen Räumen
  • Stellung von Landwirten und Landwirtinnen in der Wertschöpfungskette
  • flächengebundene Tierhaltung zur Bekämpfung regionaler Konzentration von Tierhaltung

Tierwohl

  • flächengebundene Tierhaltung
  • Förderung des Umbaus in tiergerechte Ställe
    • Beteiligung von Agrarkonzernen
  • regionale Bestandsobergrenzen
  • Verbot von Qualzucht und nicht kurativen Eingriffen an Tieren
  • Verbot von Küken-Schreddern, Anbindehaltung von Rindern, Kastenstand bei Zuchtsauen
  • Senkung des Einsatzes von Antibiotika
  • Tiertransporte auf vier Stunden begrenzen
    • mehr regionale Schlachtmöglichkeiten

Gentechnik

  • bundesweite Anbauverbote für alle zugelassenen Gentech-Pflanzen
  • Erhalt alter Pflanzensorten und Tierrassen zur Sicherung der genetischen Vielfalt
  • Kennzeichnung von importierten Lebensmitteln, die aus geklonten Tieren und ihren Nachkommen hergestellt werden

Pestizide

  • Verbot für Glyphosat und Neonikotinoide
  • Transparenz & strenges Regelwerk für Zulassung von Pflanzenschutzmitteln
  • Exportverbot von in der EU verbotenen Pestiziden  und Pestizidwirkstoffen
  • Pestizidreduktionsstrategie zur Unterstützung von umweltfreundlichem Ackerbau

Anbaumethoden

  • Förderung von nachhaltigen Anbausystemen (bspw. Ökolandbau)
    • Förderungs- und Weiterbildungsprogramm für Landwirt*innen
  • Ökolandbau auf min. 25% der landwirtschaftlichen Nutzfläche bis 2030
  • Bürgerbeteiligung bei Genehmigungsverfahren von Mastställen

Arbeitsbedingungen für Landwirt*innen

  • Gerechteres Einkommen
    • flächendeckende Tarifverträge in Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft
    • auch für Saisonarbeit
  • Unterstützung von Junglandwirt*innen
  • Maßnahmen gegen Bodenspekulation und Ausverkauf ländlicher Fläche
    • öffentlicher Bodenfonds zur Verpachtung von Agrarbetrieben

EU-Agrarpolitik (GAP)

  • sollte Instrument für ökologische Agrarpolitik sein, nicht für Industrialisierung der Landwirtschaft
  • Zahlungen sollen an wissenschaftlich fundierte Umwelt-, Sozial- und Tierschutzkriterien gebunden sein
  • höhere Erzeugerpreise für Unabhängigkeit von Fördergeldern
  • Unterstützung bei der Schaffung und dem Erhalt von sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen

Lebensmittel

  • Mehr nachhaltiges, gesundes und regionales Essen in öffentlichen Einrichtungen (Schulen, Kitas)
  • Verbindliche Kennzeichnung für Zucker, Salz und Fett in Lebensmitteln
  • Verpflichtung zur Haltungskennzeichnung von tierischen Produkten
  • Lebensmittelverschwendung reduzieren
    • verbindliche Reduktionsziele entlang der gesamten Wertschöpfungskette
    • Genusstaugliche Lebensmittel weitergeben statt wegwerfen

Interview mit dem Bundestagsabgeordneten Ralph Lenkert aus Thüringen


Agrarpolitik SPD

Die folgenden Informationen wurden dem Wahlprogramm 2021 und dem Statement der SPD Bundestagsfraktion zu ihrer Agrarpolitik entnommen.

Die SPD setzt sich für eine Landwirtschaft ein, die einerseits den Bedarf an qualitativ hochwertigen und gesunden Lebensmitteln deckt und andererseits die natürlichen Ressourcen schont. Damit eine umweltschonende Landwirtschaft im Wettbewerb mithalten kann, muss diese jedoch durch Agrarförderungen und moderne Technologien unterstützt werden. Das Ziel der SPD ist es, die Vielfalt durch Qualität, Regionalität, Innovation und Produktdifferenzierung zu fördern, um das Überleben der landwirtschaftlichen Betriebe garantieren zu können. Vereinbar mit ihrem Grundsatz der Gerechtigkeit fordert die SPD eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Landwirt*innen durch u.a. gerechte Löhne, Aus- und Weiterbildungen und klare Gesetze gegen Ausbeutung. Des Weiteren hebt die SPD besonders den Aspekt der Digitalisierung als wichtige Entwicklung in der Landwirtschaft hervor und will so die Arbeit der Landwirt*innen erleichtern.

Mit ihrem Wahlprogramm adressiert die SPD eine breite Masse an Wähler*innen diverser Lebensumstände und Hintergründe. Es werden sowohl die Interessen der Verbraucher*innen und Landwirt*innen als auch die der in der Landwirtschaft Beschäftigten oder der umweltbewussten Wähler*innen vertreten. Dies führt jedoch auch dazu, dass es viele „schwankende“ Wähler*innen gibt.

Wie im Wahlprogramm 2017 bekennt sich die SPD auch im neuen Wahlprogramm sowohl zur konventionellen als auch zur ökologischen Landwirtschaft. Die SPD betont jedoch im aktuellen Wahlprogramm stärker die Verantwortung der Landwirtschaft zur Bekämpfung des Klimawandels und zum Schutz der Artenvielfalt und stuft die ökologische Landwirtschaft als zukunftsweisend ein. Das Ziel von 25% Ökolandbau in der EU soll mithilfe von Rahmenbedingungen für die ökologische Land- und Lebensmittelwirtschaft verfolgt werden.

Da es unterschiedliche Landwirtschaftsstrukturen gibt, verweist die SPD in Diskussionen zur Agrarpolitik auf die Notwendigkeit von Kompromissen, um gemeinsame Lösungen zu finden. Diese Kompromissbereitschaft zeigt, dass die SPD mit ihrem Regierungsprogramm eine eher argumentative, als fordernde Linie verfolgt.

Innerhalb der SPD kann man in mehrere Lager unterscheiden, die verschiedene Ansätze zur Agrarpolitik verfolgen. Eher konservativere Teile der Partei schließen sich durchaus einer sozialverträglichen Agrarpolitik an, haben jedoch realwirtschaftliche Bedenken hinsichtlich schlagartiger, größerer Veränderungen. Die Jusos hingegen sind der Auffassung, dass eine gute Landwirtschaft unschädlich für das Klima und die Umwelt ist und gleichzeitig die Biodiversität erhält. So ist der Markt allein nicht imstande, die Landwirt*innen angemessen zu entlohnen. Darüber hinaus lehnen sie die gemeinsame Agrarpolitik der EU, als wenig hilfreich ab und wünschen sich eine stärkere Förderung klimafreundliche Landwirt*innen. Die wirtschaftsnahe und pragmatische SPD Organisation „Seeheimer Kreis“, strebt eine grundlegende, EU weite Debatte über eine nachhaltige Reform der Agrarpolitik an. So sollen etwa faire Freihandelsabkommen, mit klaren Regelungen auf sozial- und umweltorientierten Fundamenten geschaffen werden, der Markt jedoch als maßgebliches Element beibehalten werden.

Initiativen der Partei im Bundestag:

  • Einführung der Nutri-Score-Nährwertkennzeichnung
  • Insektenschutzprogramm und Ausweitung der Flächen für das Nationale Naturerbe
  • Ausbau einer auf Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit ausgerichteten Forstpolitik
  • Erleichterung der Stallumbauten zur gerechteren Haltung von Jungsauen und Sauen
  • Honorierung der Leistungen von Agroforstsystemen und deren Förderung in der gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP)

Tierwohl

  • Tiere sind keine Ware, sondern Lebewesen
  • Verbesserung des Tierwohls in der Nutztierhaltung
  • Flächenbezogene Obergrenze von zwei Großvieheinheiten pro Hektar
  • Einführung eines verpflichtenden staatlichen Tierwohllabels
  • angemessene Finanzierung des Umbaus der Nutztierhaltung
  • Reduktion des Medikamenteneinsatzes in der Tierhaltung
  • nachhaltige Fischerei
  • Moderne Technologien (Digitalisierung)
  • Einführung einer europarechtskonformen Weidetierprämie, da diese große Rolle bei Erhaltung der Biodiversität haben

Gentechnik

  • Verbot von genetisch veränderten Pflanzenzüchtungen
  • Forschung über neuartige gentechnische Organismen und deren Nachweismethoden

Pestizide

  • Stärkere Reduzierung des Einsatzes von Düngern und Pestiziden
  • Ausstieg aus der Glyphosat-Anwendung
  • Mehr Transparenz bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln

Anbaumethoden

  • Ackerbaustrategie, in der die biologische Vielfalt und das Insektensterben berücksichtigt werden
  • Saatgutforschung, neue Züchtungsmethoden ohne gentechnische Veränderungen, moderne Anbaumethoden
  • Forschung über neuartige gentechnische Organismen und deren Nachweismethoden
  • Humusaufbau, Bodenverbesserung, abwechslungsreiche Fruchtfolgen
  • Förderung des Anbaus einheimischer Eiweißlieferanten als Futter- und Nahrungsmittel

Arbeitsbedingungen für Landwirt*innen

  • Sicherung der Existenz (gerechte Löhne) = generelles Ziel der SPD
  • Stärkung der Landwirt*innen im Markt gegenüber Ernährungsindustrie
    und Lebensmitteleinzelhandel
  • klare Gesetze zu Arbeitsbedingungen, um Ausbeutung zu verhindern
  • Faire Preise für hochwertige Nahrungsmittel
  • Unfaire Handelspraktiken bekämpfen
  • Boden soll den selbst wirtschaftenden Betrieben vor Ort zustehen und kein Spekulationsobjekt sein Schutz vor Investoren ohne Agrarbezug
  • Aus- und Weiterbildung von Landwirt*innen

EU-Agrarpolitik

  • gerechte Verwendung der Finanzmittel
  • öffentliches Geld für öffentliche Gemeinwohlleistungen

Lebensmittel

  • Kennzeichnungen
    • Herkunft der Lebensmittel für Verbraucher*innen einfacher erkennbar
    • Verbindliches staatliche Label für Nachhaltigkeit
    • Hygienebarometer für Lebensmittelsicherheit & mehr Kontrollen
  • Verschwendung
    • Lebensmittelverschwendung beschränken
    • Verbot für Produzenten und Handel, genießbare Lebensmittel wegzuwerfen
    • Förderung von Tafeln
  • Ernährung
    • Gesunde und nachhaltige Ernährung für alle
    • verbindliche Reduktionsstrategie für Zucker, Salz und Transfette
    • europaweit verpflichtende Nutri-Score-Nährwertkennzeichnung
    • Attraktivität und Zugänglichkeit gesunder und nachhaltiger Ernährung für Verbraucher*innen mit Verantwortung bei Wirtschaft
    • ausgewogene und kostenfreie Verpflegung in öffentlichen Einrichtungen, wie Kindertagesstätten und Schulen

Artenvielfalt & Biodiversität

  • Schutz der Artenvielfalt
  • Biodiversitätspolitik, um Ökosysteme zu schützen und wiederherzustellen
  • Einstellung der Wälder auf Klimawandel => Waldumbau zu stabilen und anpassungsfähigen Wäldern
  • Honorierung verbesserter Ökosystemleistungen im Wald
  • Erhalt von Mooren als Kohlenstoffdioxidspeicher

Digitalisierung

  • Modernisierung und Erleichterung der Arbeit
  • flächendeckende Bereitstellung von schnellem Internet, um für gleichwertige Lebens- und Arbeitsverhältnisse zu sorgen
  • durch staatlich initiierte Agrar-Masterplattform soll Datenhoheit bei den Landwirt*innen bleiben
  • Durch Digitalisierung Berechnung des optimalen Dünge- und Pflanzenschutzmitteleinsatz für den jeweiligen Boden und weniger bürokratische Herausforderungen

Interview

Leider wurde auf die Interviewanfragen an zwei SPD-Politiker aus Thüringen nicht eingegangen.


Agrarpolitik Bündnis 90/Die Grünen

Die folgende Information wurden dem Wahlprogrammentwurf 2021 und dem vorläufigen Wahlprogramm 2021 entnommen.

Die Partei Bündnis 90/Die Grünen setzt sich für die Entwicklung einer nachhaltigen Gesellschaft ein, wobei sie ebenfalls eine Verantwortung der Landwirtschaft und Lebensmittelerzeugung sieht, ihren Beitrag zur Bewältigung der Klimakrise und des Artensterbens zu leisten. Hierfür sollte die Landwirtschaft nachhaltiger gestaltet werden, indem ökologische Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung gefördert werden.

Kritik wird an der verbreiteten industriellen Landwirtschaft für die Vernichtung der Artenvielfalt, Tierquälerei, Schädigung der Böden und Verschmutzung des Wassers, geübt. Mit dem Leitmotiv „grüner statt größer werden“ verfolgt die Partei das Ziel, die konventionelle Landwirtschaft zu ökologisieren.

Die Kernthemen und fordernde Argumentationslinie bleiben im Vergleich zu den letzten Wahlprogrammen erhalten, werden jedoch durch neue Erkenntnisse erweitert. Sie adressieren gesellschaftliche, ökologische und soziale Themen, die in Hinblick auf die Auswirkungen des Klimawandels im Interesse aller Bürger*innen liegen sollten.

Die hochgesteckten Ziele und  umfassenden Umweltmaßnahmen/-einschränkungen werden von vielen Landwirt*innen und anderen Parteien kritisiert, da diese schwer umsetzbar sind. Denn am Ende leiden die Landwirt*innen selbst am meisten unter den hohen Kosten für die Bewirtschaftungsänderung und Anpassung an hoch gesetzte Umweltschutzziele. Dies verdeutlich die Hauptproblematik in der Agrarpolitik: Wie kann man die Umwelt schützen ohne dass die Landwirt*innen darunter leiden müssen?

Ein zentraler Kritikpunkt von Vertreter*innen der Agrarindustrie ist, dass die Landwirt*innen durch die neuen Regelungen noch weiter in ihrem Aktionsspielraum eingeschränkt werden. Die ambitionierten Ziele der Grünen und die daraus resultierenden (kurzfristigen) Kostensteigerungen (in der Produktion und auf der Verbraucherseite), könnten zu innergesellschaftlichen Konflikten und einer Benachteiligung einkommensschwacher Bürger*innen führen. Mit ihrem Wahlprogramm und dem Fokus auf der ökologischen Landwirtschaft spricht die Partei vor allem eher jüngere Wähler*innen mit einem hohen Bildungsgrad an.

Die Grünen behalten eine fordernde Argumentationslinie bei, welche u.a. von wissenschaftlichen Erkenntnissen unterstützt wird. Aufgrund der Zusammensetzung des Wahlprogramms und der klar erkennbaren Regierungsambitionen der Grünen für das Wahljahr 2021 handelt es sich um ein Regierungsprogramm.

Initiativen der Partei im Bundestag:

  • Ende der Massentierhaltung
  • Gentechnikfreies Essen
  • Pestizidarme Landwirtschaft
  • Mehr Ökolandbau
  • Regionale Vermarktung
  • Klare Kennzeichnungen auf Lebensmitteln

Tierwohl

  • Ausstieg aus der industriellen Massentierhaltung innerhalb der nächsten 20 Jahre
  • Förderung des Umbaus in tiergerechte Ställe
  • Würdiges Leben aller Tiere & Stärkung der ökologische Tierhaltung
    • insgesamt deutlich weniger Tiere und dafür bessere Haltung
    • Mehr Platz, Auslauf, Licht und Beschäftigung der Tiere
  • Ende von Amputationen, Qualzucht, Eingriffen ohne Betäubung und Anbindehaltung
  • Senkung des Einsatzes von Antibiotika
  • Tiertransporte auf vier Stunden begrenzen & Lebendtiertransportverbot in Drittstaaten (außerhalb der EU)

Gentechnik

  • Warnung vor Folgen der Gentechnik in der Landwirtschaft (Monokulturen auf dem Acker, Abhängigkeiten von großen Chemiekonzernen, Gefahr für Mensch und Umwelt)
  • Bundesweite Anbauverbote für alle zugelassenen Gentech-Pflanzen
  • Ablehnung der Zulassung von Gentech-Pflanzen und -Tieren auf EU-Ebene

Pestizide

  • Konkrete Ausstiegspläne und Sofortverbot für besonders problematische/umwelttoxische Wirkstoffe und Pestizide (z.B.: Pflanzengift Glyphosat) 
  • Pestizidabgaben
  • Ende des Exports von Pestiziden
  • Bessere Zulassungsverfahren, die unabhängig von wirtschaftlichen Interessen und Einflüssen der Hersteller sind Transparenz und Unabhängigkeit
  • Mehr Forschung, wie die Landwirtschaft ohne Agrargifte auskommen kann (Ökolandbau) nicht synthetischen Pflanzenschutz

Anbaumethoden

  • Forschung im Ökologischen Pflanzenbau
  • Klimaresiliente, wasserschonende, regenerative und biodiverse Anbausysteme
  • Züchtungsforschung von robusten Sorten
  • Patentrecht, das keine Patente auf Pflanzen und Tiere und deren genetische Anlagen erlaubt

Arbeitsbedingungen für Landwirt*innen

  • Gerechteres Einkommen
  • Unterstützung von Junglandwirt*innen und Neueinsteiger*innen
  • Maßnahmen gegen Bodenspekulation und Ausverkauf ländlicher Fläche
  • Faire Bedingungen in Lebensmittelerzeugung und -verarbeitung
    • Besserer Arbeits- und Gesundheitsschutz für Beschäftigte in Landwirtschaft und Fleischindustrie
    • Mehr Rechte für Arbeitnehmer*innen, tarifliche Löhne und starke Gewerkschaften

EU-Agrarpolitik (GAP)

  • sollte Instrument für ökologische Agrarpolitik sein, nicht für Industrialisierung der Landwirtschaft
  • Öffentliche Gelder sollen für öffentliche Leistungen, wie Klima-, Umwelt- und Tierschutz eingesetzt werden
  • Umsetzung des Ökolandbauanteils von 30%
  • Umsetzung des im europäischen Verbund beschlossenen Green Deals
  • Festschreibung der Ziele der sogenannten „Farm to Fork– Strategie“ und der „EU-Biodiversitäts-Strategie“ in der GAP
  • Einführung einer Gemeinwohlprämie, die gesellschaftliche Leistungen belohnt

Lebensmittel

  • Mehr nachhaltiges, gesundes und regionales Essen in öffentlichen Einrichtungen (Schulen, Kitas, Krankenhäuser, Kantinen)
  • Verbindliche Reduktionsstrategien für Zucker, Salz und Fett
  • Weniger tierische Produkte Vegane und vegetarische Ernährung attraktiver und zugänglicher machen
  • Steuerliche Gleichstellung von pflanzlichen Milchalternativen mit Milchprodukten & reduzierter Mehrwertsteuersatz
  • Lebensmittelverschwendung reduzieren Rettet-die-Lebensmittel-Gesetz mit verbindlichen Reduktionszielen
    • Genusstaugliche Lebensmittel weitergeben statt wegwerfen
    • Entkriminalisierung von Containern (Lebensmittel aus dem Müll retten)

Interview mit der Landtagsabgeordneten Babett Pfefferlein aus Thüringen


Agrarpolitik CDU/CSU

Die folgende Information wurden dem Regierungsprogramm 2021 entnommen.

Die CDU/ CSU fordert in ihrem Wahlprogramm, wie die anderen vorgestellten Parteien, einen Wandel in der Agrarpolitik. Um sich von der reinen Steigerung von Effizienz und der Industrialisierung der Landwirtschaft zu entfernen soll auf Modernisierung und Nachhaltigkeit gesetzt werden.

Im Vergleich zu anderen Parteien fällt auf, dass sich die CDU/ CSU bewusst auf die Seite der Landwirt*innen stellt und postuliert, dass sie gemeinsam mit der Landwirtschaft einen Wandel zur Nachhaltigkeit vollziehen möchte. So fallen inhaltlich im Wahlprogramm einige Punkte, die sich kaum oder gar nicht in anderen Wahlprogrammen finden lassen. Beispielsweise werden Feindseligkeiten und Mobbing gegenüber Landwirt*innen und ihren Familien angeprangert sowie die Aufklärung über die Leistungen der Landwirtschaft in der Schule gefordert.

Auffällig ist, dass im Vergleich zu anderen Parteien wie den Linken, dem Bündnis 90/ Die Grünen oder der SPD wenige konkrete Forderungen hinsichtlich der Änderung der agrarwirtschaftlichen Praxis aufkommen. Beispielsweise wird die Reduzierung von Tiertransporten und die Notwendigkeit verlässlicher Regelungen zum Transport von Nutztieren genannt, eine konkrete Regel wie die Deckelung auf Strecken von max. 6 Stunden werden nicht genannt. Dies entspricht jedoch auch ihnen, da sie im Gegensatz zu Parteien, die links auf dem politischen Spektrum zu verorten sind mehr Eigenverantwortung bei den Landwirtinnen und Bürgerinnen belassen und nicht den Staat als Alleinverantwortlichen sehen.

Letztlich folgt die CDU/ CSU damit ihrer konservativen Linie erweitert, um Sensibilität für besonders wichtige Themen der diesjährigen Bundestagswahl. In Anbetracht aktueller Forderungen innerhalb der Gesellschaft die Politik klimafreundlicher zu gestalten, antwortet auch die CDU/ CSU stärker als noch vor 4 Jahren mit mehr Offenheit gegenüber nachhaltigen Lösungen. So wird versucht dem Anspruch als Partei der Mitte gerecht zu werden und einerseits Landwirt*innen als Wähler*innen zu gewinnen aber auch die gesellschaftliche Mitte und gemäßigte Gesellschaftsgruppen zu integrieren. In dem Wahlprogramm wird ruhig argumentiert und nur wenig gefordert.

Trotzdem bleibt das Wahlprogramm der CDU/ CSU oft unklar, da zwar Umbaumaßnahmen wie der Ökolandbau grundsätzlich gefördert werden sollen, die Umsetzung dieser Maßnahmen jedoch kaum konkret wird. Somit lässt das Programm in einigen wichtigen Themenbereichen noch einiges an auszulegendem Spielraum, die Forderungen bleiben aber in sich konsistent und ihre Erfüllung scheint deshalb realistisch.

Aufgrund der starken Resonanz, auf die CDU/ CSU nahezu auf allen politischen Ebenen in Deutschland trifft und ihrem hoch zu erwartenden Stimmanteil bei der Bundestagswahl sowie die eigene Beschreibung des Wahlprogramms, legt die CDU/ CSU ein Regierungs- und kein Protestprogramm vor.

Initiativen der Partei im Bundestag:

Tierwohl

  • kein Ausstieg aus der industriellen Massentierhaltung
  • Förderung des Umbaus in tiergerechte Ställe
  • Erlass eines Tierwohlstall-Förderungsgesetzes
  • Forderung nach verlässlicheren Regelungen von Tiertransporten

Gentechnik

  • keine Erwähnung von Gentechnik im Wahlprogramm

Pestizide

  • keine Erwähnung von Pestiziden im Wahlprogramm

Anbaumethoden

  • Förderung des Ökolandbau
  • Förderung von angepassten Anbaumethoden und eines verbesserten Wassermanagements

Arbeitsbedingungen für Landwirt*innen

  • Schaffung von attraktiven und vielseitigen Einkommensmöglichkeiten
  • Unterstützung von Junglandwirt*innen und Neueinsteiger*innen
  • günstige Rahmenbedingungen für Agrar-Startups

EU-Agrarpolitik (GAP)

  • stellt einen Systemwechsel hin zur ökologischen Nachhaltigkeit dar
  • kleine und mittlere Betriebe sollen mit höheren Direktzahlungen gefördert werden

Lebensmittel

  • verpflichtende europäische Haltungs- und Tierwohlkennzeichnung
  • Kennzeichnung von regionalen Lebensmitteln
  • Lebensmittelverschwendung reduzieren
    • Lebensmittelspenden sollen erleichtert werden
    • Überprüfung der Anpassung des Mindesthaltbarkeitsdatums

Interview mit dem Bundestagsabgeordneten Christian Hirte aus Thüringen


Agrarpolitik FDP

In einer Umfrage der Website „Agrarheute“ wurden in Hinblick auf die Bundestagswahl 2021 ca. 1000 Landwirt*innen befragt, welche Partei sie wählen würden und was sie von der Agrarpolitik Deutschlands halten. Hierbei lag zum ersten Mal die FDP mit 24% deutlich vor CDU/CSU. Dies liegt u.a. an dem Beschluss vom 10. Februar 2021 zum Insektenschutzpaket, gegen welches viele Landwirt*innen protestierten. Hierbei hieß es von der FDP „die CDU ließe die Landwirtschaft im Stich“. Doch welche Agrarpolitik verfolgen die Freien Demokraten?

Die folgenden Informationen wurden dem Wahlprogramm 2021 entnommen.

Die Freien Demokraten fordern eine moderne Agrarpolitik, die nicht gängelt, sondern Lösungen forciert und Einkommen steigert. Ihre Agrarpolitik fokussiert vor allem die Interessen von Landwirt*innen/Junglandwirt*innen und will diese unabhängiger von Agrarzahlungen machen, sie von übergeordneter Bürokratie entlasten und Handelshemmnisse abbauen. Besonders setzt sich die Partei für die Digitalisierung der Landwirtschaft ein, um Betriebe zu optimieren und Arbeitsabläufe zu modernisieren. Auch die FDP sieht die Notwendigkeit, die Anpassung der Landwirtschaft an Klimaveränderungen zu erleichtern und geht hier nach dem Prinzip der Hilfe zur Selbsthilfe vor, damit Landwirt*innen von staatlichen Notprogrammen in schlechten Witterungszeiten unabhängig sind. Die Unabhängigkeit der Landwirt*innen soll u.a. durch steuerbefreite Risikoausgleichsrücklagen gefördert werden. Außerdem fordert die FDP in Bezug auf die europäische Agrarpolitik anstatt flächenbezogener Direktzahlungen die finanzielle Unterstützung durch Investitionsförderung und Forschung.

Des Weiteren setzen sich die Freien Demokraten besonders für die Modernisierung der Tierhaltung ein. Hierbei wird die stufenweise Abschaffung der Anbindehaltung und ein EU-weites verpflichtendes Tierwohllabel gefordert. Dies soll zur Entwicklung eines einheitlichen Tierschutzstandards in Europa beitragen. Die FDP hebt insbesondere hervor, dass es in der Agrarpolitik statt nationaler Alleingänge eine Zusammenarbeit auf europäischer Ebene geben muss, um den Landwirt*innen gleiche Wettbewerbsbedingungen gewährleisten zu können. Durch freiwillige, rein nationale Standards verlagert sich das Problem lediglich ins Ausland.

Im Gegensatz zur DIE LINKE, SPD und den Grünen befürwortet die FDP den Anbau von gentechnisch veränderten Nutzpflanzen auf Grundlage wissenschaftlicher Kriterien. Die Grüne Gentechnik eröffnet demnach Möglichkeiten zur Förderung von Biodiversität und zur Schonung der Böden.

Deutlich wird, dass die FDP mit dem Wahlprogramm und den agrarpolitischen Forderungen Landwirt*innen und Wechselwähler*innen (ehemals CDU/CSU Wähler*innen) adressiert, die sich von der Politik vernachlässigt fühlen. Hierbei fordern die Freien Demokraten mit ihrem Protestprogramm konkrete Lösungen für die Landwirt*innen und kritisieren die Partei Bündnis 90/Die Grünen für eine fehlende Konkretisierung und zu hohes Wunschdenken in Hinblick auf Umweltmaßnahmen zum Schutz von Umwelt und Klima.

Fraglich ist jedoch, in welchem Maße die persönliche Vorsorge/Hilfe zur Selbsthilfe der Landwirt*innen mögliche Ernteausfälle, die in Zukunft voraussichtlich vermehrt auftreten, ausgleichen/abfedern kann. Die persönliche Vorsorge der Landwirt*innen allein, wird die finanziellen Folgen des Klimawandels nicht ausgleichen können.

Die FDP ist der Meinung, dass die Durchsetzung von mehr Tierwohl in der Tierhaltung von der Nachfrage in der Bevölkerung abhängt und eine staatliche Intervention durch gesetzliche Standards ohne Bereitschaft der Verbraucher*innen nicht zielführend ist.

Außerdem soll auch die Finanzierung der Betriebsform des Ökolandbaus, wenn gewünscht, über den Markt ermöglicht werden. In Bezug auf das Tierwohl und umweltpolitische Themen ergeben sich jedoch klare Vorteile, wenn Tierwohlstandards und Umweltschutzmaßnahmen von Seiten der Politik durchgesetzt bzw. subventioniert werden. Durch den Markt wird dieser Prozess momentan wohl eher abgebremst. Das Bewusstsein für die Notwendigkeit von Tierwohlstandards und Umweltschutzregelungen in der Gesellschaft kann in der Realität nicht alleine aus dem Markt heraus entstehen, sondern benötigt eine gewisse Lenkung des Staates.

Initiativen der Partei im Bundestag:

  • Schutz der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe vor zusätzlichen Bewirtschaftungsauflagen und Verboten
  • Europaweites Tierwohllabel
  • Einleitung von umweltrelevanten Gesetzgebungsverfahren nur auf Basis von belastbaren wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Folgeabschätzungen
  • Ende der flächenbezogenen Direktzahlungen 

Tierwohl

  • Transparenz und verantwortungsvolle Haltung von Nutztieren (Europaweites Tierwohllabel mit klar erkennbaren Haltungsbedingungen)
  • mittelfristig europaweit einheitliche Tierschutzstandards
  • Rechtsstaatliche Kontrollen (regelmäßig & min. alle 5 Jahre)
  • Modernisierung in der Tierhaltung (auch für kleine und mittlere Betriebe)
  • Auflösung der Widersprüche zwischen Tierwohl und Immissionsschutz
  • Verbot von Anbindehaltungen

Gentechnik

  • Technologieoffenheit
  • Grüne Gentechnik
  • Zulassungskriterien für gentechnisch veränderte Nutzpflanzen

Anbaumethoden

  • Stärkere Forschung zum Einsatz nachwachsender Rohstoffe

Arbeitsbedingungen für Landwirt*innen

  • Chancen auf wirtschaftlichen Erfolg
  • Digitaler Fortschritt
  • Risikovorsorge gegen zunehmende Witterungsrisiken

EU-Agrarpolitik (GAP)

  • Reform der EU-Agrarpolitik notwendig
  • Ende der flächenbezogenen Direktzahlungen
  • Zukunftssichere Investitionsförderung und Forschung
  • Einheitliche Wettbewerbsstandards der EU

Lebensmittel

  • Transparente Nährwertinformationen
  • frühzeitige Ernährungsbildung in Kitas und Schulen
  • Ersetzen des starren Mindesthaltbarkeitsdatums durch ein dynamisches Verderbslimit
  • Haftungserleichterung für Lebensmittelspenden

Artenvielfalt & Biodiversität

  • Waldschutzoffensive für artenreiche Wirtschaftswälder
  • Schadholzbergung, Schädlingsbekämpfung und schnelle Aufforstung mit klimaresilienten und wirtschaftlichen Baumarten
  • keine Einschränkung der Bewirtschaftung und Stilllegung von Wäldern
  • Förderung forstwirtschaftlicher Zusammenschlüsse und Kleinprivatwäldern

Jagd als Naturschutz

  • Wildtiermanagement  ermöglichen => Seuchenprävention und Wildschadenminimierung
  • Bejagung von Wolf, Kormoran, Nandu, Biber ermöglichen
  • Lärmreduktion durch Einsatz von Schalldämpfern und Nachtzielgeräten
  • Jäger*innen sollen aktive und staatlich geprüfte Naturschützer sein

Interview mit dem Bundestagsabgeordneten Gerald Ullrich aus Thüringen


Agrarpolitik AfD

Die folgende Information wurden dem Wahlprogramm 2021 entnommen.

Die AfD fordert im Gegensatz zu allen anderen, vorgestellten Parteien keinen Wandel in der Agrarpolitik. Im Fokus der Agrarpolitik steht das eigenverantwortliche Handeln der Verbraucher*innen und der Landwirt*innen.

Auffällig ist, dass die AfD den Landwirt*innen viele Freiheiten einräumt und beispielwiese den Pestizideinsatz und Massentierhaltung begrüßt. Das Wahlprogramm ist im Vergleich zu anderen Parteien inhaltlich schlank, da Themen wie die Lebensmittelverschwendung oder der Ökolandbau nicht angesprochen werden. Außerdem finden sich mit Ausnahme der Abschaffung von aufgestellten Regularien wie zum Beispiel der neuen Düngeverordnung keine konkreten Forderungen hinsichtlich der politischen Gestaltung der Agrarpolitik. Ähnlich wie bei der CDU/ CSU wird im Bereich der Tiertransporte nur allgemein eine Vermeidung von langen Strecken und die Unterstützung regionaler Schlachtungen genannt ohne eine konkrete Regelung vorzuschlagen. Durch die mangelnde Konkretheit der Aussagen sind die Forderungen in sich konsistent.

Entsprechend der Positionierung der AfD im rechten Spektrum der Politik entspricht die Darstellung der Agrarpolitik dem in der Partei üblichen Konservatismus. Im Vergleich zu dem Wahlprogramm der vorherigen Bundestagswahl fällt insbesondere die Kritik an der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU auf, die die EU-kritische Partei wie zu erwarten äußert. Die allgemeine Forderung nach weniger Einschränkungen in der Landwirtschaft widersprechen dem insgesamten Trend in anderen Parteien, die insbesondere im Zuge des Klimawandels stärkere Regeln für die Landwirtschaft vorschlagen. Das Aufheben einiger Regeln in der Landwirtschaft wäre dabei praktisch umsetzbar, ob das in Anbetracht von Klimaveränderungen realistisch durchsetzbar gegenüber großen Teilen der Bevölkerung wäre, ist jedoch zweifelhaft. Auch in diesem Themenkomplex polarisiert die AfD.

Basierend auf dem postulierenden Ton des Wahlprogramms und der Adressaten, die hier einerseits Landwirt*innen sowie Wähler*innen sind, die sich weniger Regularien seitens der Politik wünschen, lässt sich das Wahlprogramm als Protestprogramm auslegen. Es bestehen große Unterschiede zwischen der Ausrichtung der AfD im Vergleich zu den anderen, betrachteten Parteien.

Initiativen der Partei im Bundestag:

  • Schutz bäuerlicher Familienbetriebe (mehr Infos hier)
  • Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln (mehr Infos hier)
  • Verhinderung von Belastungen der Landwirtschaft während der Corona-Pandemie (mehr Infos hier)

Tierwohl

  • Förderung von artgerechten Haltungssystemen
    • Kopplung der Tierhaltung an die Fläche
  • mehr regionale Schlachtmöglichkeiten
  • Verbot von Tiertransporten in Länder mit bekannten Verstößen gegen Tierschutz
  • Umsetzung der Tierschutzgesetze

Gentechnik

  • Risikobewertung muss von unabhängigen Forschungseinrichtungen erarbeitet werden

Pestizide

  • keine Erwähnung von Pestizide im Wahlprogramm

Anbaumethoden

  • ausreichende Versorgung von Kulturpflanzen mit notwendigen Düngemittel

Arbeitsbedingungen für Landwirt*innen

  • Unterstützung von Junglandwirt*innen
  • Maßnahmen gegen Bodenspekulation und Ausverkauf ländlicher Fläche
  • vor dem Beschluss agrarpolitischer Maßnahmen sollen diese darauf untersucht werden, wie sie sich auf das Einkommen der Landwirt*innen auswirken

EU-Agrarpolitik (GAP)

  • hat mehr Schaden als Nutzen gebracht
  • Agrarpolitik sollte in der Verantwortung der Nationalstaaten liegen
  • kein deutsches Steuergeld für ausländische Landwirt*innen

Lebensmittel

  • die AfD schätzt saisonale und regionale Lebensmittel aus Deutschland


Kontroversen zwischen den Parteien

Insektenschutz Paket (2021)

https://pixabay.com/de/photos/biene-insekt-sonnenblume-gelb-1948684/

Meinungen der Parteien

LinkeSPDBündnis 90/
Die Grünen
CDU/CSUFDPAfD
DafürXX
Dagegen X*X*X X
* Für die Abgeordneten der Fraktion Die Linke und Bündnis 90 / Die Grünen greift das Insektenschutzprogramm nicht weit genug.
Informationen zu dem Abstimmungsverhalten der Parteien finden Sie hier.

  • Scharfe Kritik von FDP
    • Realität und Existenznöte landwirtschaftlicher Betriebe werden nicht beachtet
    • weiteres Höfesterben in Deutschland
    • zahlreiche Demonstrationen zeigen Frustration der Landwirt*innen und Winzer*innen
    • Bereitschaft der Landwirt*innen ökologisch zu handeln ist vorhanden, doch es ist unfair immer mehr Forderungen an die Landwirtschaft zu stellen ohne diese auszugleichen
  • Parteiinnere Unstimmigkeiten in der SPD
    • kritische Stimmen innerhalb des SPD zum Insektenschutzpaket
    • vermehrt aus den Ministerien agrarstarker Bundesländer
    • Niedersachsen Umweltminister Olaf Lies (SPD) sieht landesinterne Absprachen in Gefahr und kritisiert Bundesumweltministerin Svenja Schulze für diese Gesetzesinitiative
    • nach Lies sind keine klugen und fairen Entscheidungen mit dieser Regelung möglich
    • generell könnte es zu einer Benachteiligung der Länder kommen
  • Kritik Seitens CDU/CSU
    • Massive Bedenken äußerten Landwirtschaftsminister von Baden-Württemberg, Bayern und Niedersachsen in Brief an die Bundeskanzlerin
    • Kritik von Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU): „Um hier deutlich zu machen, natürlich wollen wir Artenvielfalt garantieren, aber das darf nicht so sein, dass vielen landwirtschaftlichen Betrieben die Existenz entzogen wird.“

Verbot des Tötens von Küken in der Hühnerhaltung ab 2022 (2021)

https://pixabay.com/de/photos/k%c3%bcken-vogel-h%c3%bchnerk%c3%bcken-ei-2965846/

Meinungen der Parteien

LinkeSPDBündnis 90/
Die Grünen
CDU/CSUFDPAfD
DafürXX*XX
DagegenX*X
*Für die Abgeordneten der Fraktion Die Linke und Bündnis 90 / Die Grünen greift das Kükentöten-Gesetz nicht weit genug.

Sowohl Zuspruch als auch Kritik von vielen Seiten:

  • Grünen und DIE LINKE geht das Gesetz nicht weit genug
    • sie schließen sich der Forderung des deutschen Tierschutzbund nach einem vollständigen Stopp an
  • DIE LINKE will das Kükentöten zur Straftat machen und fordert ein dauerhaften Förderprogramm des Bundes
    • dadurch Umstellung von Mastgeflügelhaltung auf Haltung von Zweitnutzungshühnern
  • FDP lehnt das Gesetz ab
    • ist dennoch grundsätzlich für das Verbot, aber gegen einen nationalen Alleingang
    • fordert eine EU weite Regelung
    • FDP sieht in naher Zukunft keine Möglichkeit zur Bestimmung des Kükengeschlechts vor dem 7. Bruttag
  • Junge Liberale sind gegen das Kükentöten und fordern nur in der Käfighaltungsfrage eine EU weite Lösung
  • AfD und FDP warnen vor Alleingang → Abwanderung der Branche ins Ausland

Reform der gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP)

https://pixabay.com/de/photos/fahne-europa-flagge-eu-europ%c3%a4isch-2608475/

Meinungen der Parteien

LinkeSPDBündnis 90/
Die Grünen
CDU/CSUFDPAfD
DafürXX
AusgeglichenXX
DagegenXX
Für die Auswertung der Parteipositionen bezüglich der Reform der GAP wurde das Abstimmungsverhalten der Mehrheiten der Parteien zu den einzelnen Gesetzen analysiert.
Informationen zu dem Abstimmungsverhalten der Parteien finden Sie hier.
  • Aufbau des Gesetzespakets zur Umsetzung der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU
    • das Gesetzespaket beinhaltete insgesamt vier Gesetzesentwürfe, die sich auf Folgendes bezogen:
      1. Direktzahlungen
      2. Konditionalität
      3. Abwicklungen von Zahlungen mittels eines neuen Verwaltungs- und Kontrollsystems
      4. weitere Änderung des Direktzahlungs-Durchführungsgesetzes
  • Änderungen der Direktzahlungen für die europäische Agrarwirtschaft
    • Der Gesetzesentwurf soll darauf abzielen mehr Direktzahlungen für die Entwicklung des ländlichen Raums bereitzustellen
    • Während sich die AfD gegen die Reform der Direktzahlungen aufgrund ihres Euroskeptizismus aussprachen, lehnten die Grünen den Gesetzesentwurf ab, da dieser ihnen nicht weit genug ging
    • Die Fraktion der FDP und Linken enthielt sich
  • Stimmenverteilung der Parteien
    • SPD und CDU stimmten jeweils für alle Gesetzentwürfe bzw. -änderungen
    • Während die Fraktion des Bündnis 90/ Die Grünen bei allen Abstimmungen gegen die Vorschläge votierte, da diese inhaltlich nicht weit genug gingen, positionierte die FDP sich nicht und enthielt sich stets
    • AfD und Linke zeigten eine wechselhaftes Wahlverhalten und stimmten zu verschiedenen Vorschlägen zu, enthielten sich jedoch auch ihrer Stimme und votierten ebenfalls gegen einzelne Vorschläge

Begriffserklärung

Agroforstwirtschaft

  • Landnutzungssysteme, die die Nutzung von Gehölzkulturen mit dem Anbau von Feldfrüchten oder einer Grünlandbewirtschaftung bzw. landwirtschaftlichen Tierhaltung
    auf derselben Bewirtschaftungseinheit kombinieren
  • dadurch entstehen vorteilhafte Wechselwirkungen zwischen den Einzelkomponenten

Anbindehaltung

  • Kühe werden in der Anbindehaltung fixiert und dort gemolken und gefüttert, d.h jedes Tier steht auf einem eigenen Platz parallel zueinander und kann nicht durch den Stall laufen

Änderung des Agrarmarktstrukturgesetzes

  • es geht um die Einführung eines Mindeststandards zu Bekämpfung von unlauteren Handelspraktiken in der Agrar- bzw. Lebensmittellieferkette
  • schützt nicht nur Primärerzeuger gegen unlautere Handelspraktiken, sondern alle Lieferanten
  • mehr dazu hier

Direktzahlungen in der Landwirtschaft

  • Die Direktzahlungen sind ein Kernelement der EU-Agrarförderung, mit welchem landwirtschaftliche Betriebe in Form einer von der Produktion unabhängigen, flächenbezogenen Zahlung unterstützt werden. 

Erste und zweite Säule der EU-Agrarpolitik

  • 1. Säule → Direktzahlungen an Landwirt*innen (flächenbezogen → pro Hektar)
  • 2. Säule → Förderprogramme für z.B. Umwelt- und Klimamaßnahmen 

Farm to Fork-Strategie/“Hof auf den Teller“-Strategie

  • mit den insgesamt 27 Maßnahmen der Farm-to-Fork-Strategie will Europa eine nachhaltige und wirtschaftlich tragfähige Land- und Ernährungswirtschaft umsetzen
  • Ernährungssicherheit, gerechtes Einkommen für Primärerzeuger, Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit, Kennzeichnung von Lebensmitteln, etc.
  • Beitrag dazu die EU bis 2050 klimaneutral zu gestalten

Green Deal

  • Mit dem europäischen Green Deal soll Europa in Hinblick auf den Klimawandel und Umweltzerstörung hin zu einer modernen, ressourceneffizienten und wettbewerbsfähigen Wirtschaft entwickelt werden
  • Insgesamt sollen 1,8 Billionen Euro in den Green Deal fließen
  • Ziele:
    • bis 2050 keine Netto-Treibhausgasausstoß
    • Abkopplung des Wachstums von der Ressourcennutzung

Monokulturen

  • Bei Monokulturen baut man ausschließlich eine Pflanzenart über mehrere Jahre auf der gleichen Fläche an (z.B. Mais)
  • Sie ermöglichen effizientes bewirtschaften, sind jedoch schlecht für Boden, Natur und Menschen

Nutri-Score-Nährwertkennzeichnung

  • System zur Kennzeichnung des Nährwertprofils eines Lebensmittels
  • auf der Verpackung mit Buchstaben und Ampelfarben
  • fünfstufige Skala mit Buchstaben von A bis E und Ampelfarben
  • Gesamtbewertung auf Grundlage eines Bewertungslogarithmus

Ökolandbau

  • besonders ressourcenschonende und umweltverträgliche Wirtschaftsform, die sich am Prinzip der Nachhaltigkeit orientiert 

Disclaimer:

Inhaltlich beziehen wir, Martha Bracklo und Jonas Kleensang, uns in diesem Beitrag auf die Wahlprogramme der vorgestellten Parteien. Weitere Quellen sind in den Beiträgen verlinkt oder direkt als Aussagen von anderen Personen kenntlich gemacht (beispielsweise in den Interviews mit Abgeordneten).