Analyse des Wahlprogrammes der AfD zur Außenpolitik

Key Facts

Verantwortung : Soll der Staat tragen (logisch, da Staat für Außenpolitik verantwortlich)

Alleinstellungsmerkmal(e): Wiedereinsetzung der Wehrpflicht, Wehrpflicht nur für Deutsche, Deutscher Sitz im UN-Sicherheitsrat, Aufkündigung des UN-Migrationspaktes, Abschaffung der Feindstaatenklausel, Offensive Beteiligung am Projekt „Neue Seidenstraße“

Adressat: breite Bevölkerungsschicht, Stammwähler, Konservative

Interessen (bestimmte Gruppe vs. gesamte Gesellschaft): Anspruch die gesamte Gesellschaft zu vertreten; eher für nationalkonservative Kreise ansprechend

Maßnahmen und Ziele: Umsetzung der Ziele größtenteils vage; Ausnahme sind die Themen Bundeswehr, China und Entwicklungspolitik –> hier sehr konkret

Innere Stringenz/Sinnhaftigkeit: grundsätzlich in sich schlüssig; fragwürdige Punkte (u.a. Russland), die im Widerspruch zu Forderungen, wie dem Selbstbestimmungsrecht der Völker stehen könnten

Stil des Programmes: wenig Argumentation; sehr forderndes/postulierendes Programm

Zentrale Botschaft:  Deutsche Außenpolitik soll sich an deutschen Interessen orientieren; Multipolare Weltordnung wird anerkannt, aber unbedingte Achtung des Selbstbestimmungsrechtes der Völker

Realisierbarkeit: viele große Punkte, wie der Umgang mit Russland, der Charakter der NATO, die Beteiligung am Projekt „Neue Seidenstraße“ und die Reformation der Entwicklungspolitik, sind schwierig umzusetzen und bedingen einen großen politischen und gesellschaftlichen Diskurs

Zusammenarbeit: keine Angebote n gesellschaftliche Akteure

Regierungs- oder Oppositionsprogramm: Aufgrund der vielen Forderungen und tiefgreifenden Änderungsideen eher Oppositionsprogramm

Integration vs. Polarisierung:  Betonung auf deutsche Interesse wirkt zunächst integrierend; spezifische Positionen sind dagegen gesellschaftlich polarisierend

Innerparteilicher Diskurs: 

Vergleich zu den vorhergehenden Wahlprogrammen:  nahezu identisch mit dem Wahlprogramm von 2017

Die Alternative für Deutschland (AfD) beginnt ihr Wahlprogramm hinsichtlich der Außen- und Verteidigungspolitik damit, dass Deutschland die Absicht besitzt friedliche Beziehungen mit anderen Ländern zu pflegen und die Werte der Charta der Vereinten Nationen zu achten. Besonderes betont die Partei das Selbstbestimmungsrecht der Völker und beginnt dann damit, ihre Außenpolitik zu umreißen. Die AfD erkennt die multipolare Weltordnung an und richtet ihr Ziel, die Erlangung strategischer Autonomie für Deutschland, danach aus. Deutsche Interessen in der Außenpolitik stehen für die Partei im Vordergrund, was auch mehrfach betont wird, u.a. in der einleitenden Überschrift zum Kapitel. Durch die Vermischung zwischen weiterer internationaler Zusammenarbeit und der Fokussierung auf deutsche Interessen versucht die AfD möglichst viele Menschen anzusprechen. Es wird in dieser Verbindung suggeriert, dass es die Programmatik im Interesse aller läge. Aufgrund der einfach gehaltenen Sprache und der prägnanten Sätze kann man davon ausgehen, dass die Partei auf eine breite Wählerschicht abzielt. Der Charakter des AfD Wahlprogramms ist in außenpolitischer Hinsicht eher fordernd als argumentierend. Zwar wird in bestimmten Punkten eine Begründung gegeben, warum die Maßnahme erforderlich ist, aber eine weitere Argumentation findet nicht statt. Die fordernde Ausrichtung passt gut mit der sprachlichen Gestaltung zusammen und trägt so zur Prägnanz des Programms bei. Die breite Wählerschicht soll durch eine klare Sprache, prägnante Forderungen und wenig Argumentation angesprochen werden. Auffällig ist jedoch, dass die AfD insbesondere bei den Punkten China, Bundeswehr und Entwicklungspolitik eine Argumentation aufbaut, während sie es bei weiterreichenden Themengebieten, wie der NATO-Mitgliedschaft und dem Prinzip der Nichteinmischung, vermeidet. Bis auf drei Themen bleibt die konkrete Umsetzung der außenpolitischen Ziele der AfD vage und wird nicht konkretisiert. Ausnahmen sind hierbei der Umgang mit China, die Wehrfähigkeit Deutschlands, die Entwicklungspolitik und die auswärtige Kultur- und Bildungspolitik. In diesen Bereichen wird die AfD konkret und begründet ihre Forderungen. Man kann annehmen, dass diese Bereiche, die Deutschland umittelbar (auch innenpolitisch, siehe Bundeswehr) betreffen, so ausgestaltet sind, um die eigene Stammwählerschaft und konservative Kreise anzusprechen.
Generell betrachtet wirken die außen- und sicherheitspolitischen Positionen der AfD in sich schlüssig. Das Konzept, nach dem sich die Außenpolitik deutschen Interessen unterzuordnen hat, ist Kernpunkt der Argumentation und wird stringent durchgezogen. Es wird immer wieder auf die Vordergründigkeit deutscher Interessen verwiesen, wodurch ein in sich schlüssiges Programm zu entstehen scheint. Nichtsdestotrotz gibt es einige fragwürdige Punkte, wie beispielsweise die offensive Teilnahme am chinesischen Projekt „Neue Seidenstraße“, die Zusammenarbeit sowohl mit Russland als auch den USA und das Selbstbestimmungsrecht der Völker.
Die AfD erkennt die VR China als Handelspartner an bzw. will am Projekt „Neue Seidenstraße“ teilhaben, möchte aber gleichzeitig einen Ausverkauft deutscher Technologien verhindern. Es ist fraglich inwieweit dies möglich ist bzw. wie die AfD dies realisieren will. Ebenso schwierig gestaltet sich die Forderung nach ausgewogenen Beziehungen zwischen Russland und den USA. Die Partei möchte mit beiden Staaten partnerschaftlich zusammenarbeiten. Dabei ignoriert das Wahlprogramm jedoch, trotz der Forderung die Nichteinmischung und das Selbstbestimmungsrecht der Völker zu achten, die Einmischung Russlands in die Angelegenheiten seiner Nachbarländer und militärische Aktionen des Landes.
Insgesamt kann man festhalten, dass das Wahlprogramm der AfD hinsichtlich der Außen- und Verteidigungspolitik eine Mischung aus Regierungs- und Oppositionsprogramm darstellt, da neben üblichen Positionen, wie der weiteren Unterstützung der NATO und der besseren Ausstattung der Bundeswehr, auch ungewöhnlichere bzw. extremere Positionen, wie ein Sitz im UN-Sicherheitsrat, die Wiedereinsetzung der Wehrpflicht und die Bekämpfung des islamischen Terrorismus mit allen Mitteln vertreten werden. Vom Grundcharakter her handelt es sich beim AfD-Wahlprogramm aber eher um ein Oppositions- bzw. Protestprogramm. Es ist abschließend ebenfalls anzumerken, dass das fordernde Wahlprogramm durch die Betonung der deutschen Interessen eher integrierend wirkt, aber in einigen Punkten in der Gesellschaft wohl eher polarisieren dürfte. Das Wahlprogramm für die Bundestagswahl 2021 ist nahezu identisch mit dem Wahlprogramm von 2017 und unterscheidet sich nur in kleinen Detailfragen.