Analyse des Wahlprogrammes von DIE LINKE zur Außenpolitik

Key Facts

Verantwortung : Soll der Staat tragen (logisch, da Staat für Außenpolitik verantwortlich)

Alleinstellungsmerkmal(e): einzige Partei, die NATO abschaffen und die Bundeswehr zu einer reinen Verteidigungsarmee umbauen will

Adressat: eigene Stammwählerschaft, Menschen mit einer starken pazifistischen Einstellung, Menschen aller Altersgruppen

Interessen (bestimmte Gruppe vs. gesamte Gesellschaft):

Maßnahmen und Ziele: größtenteils konkret (Ausnahme: Völkerrecht)

Innere Stringenz/Sinnhaftigkeit: Forderungen passen zu dem generellen Rahmen (Frieden und Abrüstung); in Teilen könnten sich die Lösungsansätze als widersprüchlich zu den Zielen erweisen

Stil des Programmes: Forderungen und Argumenten vermischt; meist zuerst Forderung, dann Begründung und Umsetzung

Zentrale Botschaft: Frieden (Prinzip des Friedens als Modus internationaler Politik) und Abrüstung fördern; Multilateralismus, Konfliktprävention und globale Gerechtigkeit als Handlungsmaßstab

Realisierbarkeit: idealistisches Programm; NATO Auflösung, Beendigung jedweder Auslandseinsätze und Umbau der Bundeswehr sind eher unrealistisch, da die Verflechtung zwischen Deutschland und seinen Bündnispartnern groß ist

Zusammenarbeit: mit Partner*innen aus Gewerkschaften, Friedensbewegung und Kirchen für Konversionsprogramme in der Rüstungsindustrie (Ziel: neue Arbeitsplätze);

Regierungs- oder Oppositionsprogramm: klares Oppositionsprogramm, dass außenpolitisch eine neue Richtung einschlagen will

Integration vs. Polarisierung: großes Narrativ für Frieden und Abrüstung –> integrierend; bestimmte Positionen (Russland, NATO, China) –> polarisierend

Innerparteilicher Diskurs: besonders der Umgang mit Russland und das Verhältnis mit einigen autoritären/autokratischen Staaten innerparteilich umstritten

Vergleich zu den vorhergehenden Wahlprogrammen: in weiten Teilen identisch mit dem Wahlprogramm von 2017; übersichtlicher und kürzere Ausführung

Die Partei DIE LINKE beginnt ihr Wahlprogramm hinsichtlich der Außenpolitik mit einem klaren Slogan, der lautet „Für Frieden und Abrüstung. Waffenexporte verbieten“. Diese einleitende Überschrift zieht sich durch die gesamte Thematik dieses Teiles des Wahlprogrammes. Eröffnet wird der außenpolitische Teil mit einem internationalen Narrativ und es wird versucht die aktuelle weltpolitische Lage zu erörtern. Darauf folgen Forderung, wie die Außenpolitik zukünftig zu gestalten sei, und Bedingungen für mögliche Koalitionen.
Generell macht DIE LINKE deutlich, dass die Regierung in Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik verantwortlich ist. Zentraler Dreh- und Angelpunkt des Programmes ist die Forderung nach Frieden und Abrüstung, was in den Unterpunkten des Kapitel immer wieder deutlich zu Tage tritt. Deutschland solle, nach der Partei, seine außenpolitischen Paradigmen ändern und Entspannungspolitik bzw. Multilateralismus fördern statt Waffen zu exportieren und sich an militärischen Aktionen zu beteiligen.
Der einleitende Teil des Wahlprogrammes suggeriert einige Gemeinsamkeiten vor allem mit CDU („Neue Verantwortung Deutschlands  in der Welt – aus Überzeugung für Frieden, Freiheit und Menschenrechte“) und SPD („Frieden sichern“), was jedoch durch die darauffolgende Präzisierung der Forderungen verschwindet. DIE LINKE zielt mit dem Wahlprogramm hauptsächlich auf die eigene Stammwählerschaft, da die Forderungen von radikalerer Natur sind.
Die Beendigung von Rüstungsexporten, das Ende der nuklearen Teilhabe Deutschlands, der Umbau der Bundeswehr, die Beendigung deutscher Auslandseinsätze und die Auflösung der NATO werden durch die Partei mit konkreten Maßnahmen versehen. Während der Bereich des Völkerrechtes zwar angesprochen, die Umsetzung der Forderungen aber durchaus vage bleibt. Besonders bei Fragen, die Arbeitsplätze tangieren, wie den Umbau der Bundeswehr und einen langfristigen Rüstungsexportstopp, will DIE LINKE gesellschaftliche Akteure, wie Gewerkschaften und Bewegung, einbeziehen.
Grundsätzlich erscheint das Wahlprogramm der Partei hinsichtlich der Kernpunkte konsistent, da Abrüstung und Frieden immer wieder angesprochen werden und Lösungen angeboten werden. So lässt sich in allen Punkten eine generelle Abkehr von Gewalt in der internationalen Politik konstatieren. Bei einigen Standpunkten widerspricht jedoch das Programm in sich. Betrachtet man die Forderung die NATO aufzulösen und durch ein kollektives Sicherheitssystem unter Einbezug Russland aufzubauen, ist durchaus fraglich, wie diese Position mit der generellen Forderung nach Frieden vereinbar ist. Gleiche innere Inkonsistenz zeigt sich, wenn man das Einstehen für Menschrechte und die Positionen gegenüber China vergleicht, denn auch hier ist fraglich wie beides, ein freundschaftlicher Umgang und die Durchsetzung von Menschenrechten, geschehen soll.
Oberflächlich scheint die außenpolitische Programmatik der Linkspartei eine integrierende Wirkung zu besitzen, da durch die Schlagwörter Frieden und Abrüstung ein gemeinsames Interesse aller suggeriert wird. Problematisch werden Detailfragen und Umsetzungspläne. So haben etwa die Forderungen nach einem NATO-Austritt, die vollständige Beendigung von Waffenexporten, der Umbau der Bundeswehr und die Positionen zu Russland und China in der Gesellschaft und gegenüber anderen Parteien eine stark polarisierende Wirkung. Es ist anzumerken, dass besonders die Einstellung zu Russland und anderen autokratischen Staaten innerparteilich nicht unumstritten ist.

Insgesamt kann man für das Wahlprogramm von DIE LINKE hinsichtlich der Außen- und Sicherheitspolitik festhalten, dass es sich um ein Oppositionsprogramm handelt, da die Ausgestaltung der Forderungen radikal ist und wenig Spielraum für eine Koalition lässt. Besonders die Positionen zur NATO, Russland und Auslandseinsätzen sind mit keiner anderen Partei verhandelbar. Die größten Schnittmengen weist das Programm mit Bündnis 90/Die Grünen auf. (HIER NOCH ERGÄNZEN!) Auch der Duktus der Programmes wirkt eher fordernd, wird aber zumeist mit Argumenten gestützt. Letztlich bleibt das Kapitel in seiner Wirkung eher auf einer oppositionellen Eben, die zum Handeln fordert. Die Forderungen sind größtenteils idealistischer Natur und in der Praxis schwer umzusetzen. Besonders die Auflösung der NATO, der Umbau der Bundeswehr und ein vollständiger Waffenexportstopp scheinen in weiter Ferne.

Koalitionsmöglichkeiten

Die Koalitionsfähigkeit der Linkspartei ist mit dem aktuellen Programm in Bezug auf außen- und sicherheitspolitische Fragen sehr begrenzt. Die größte Schnittmenge hat die Partei mit Bündnis 90/Die Grünen. Atomare Abrüstung und Kampfdrohnen stellen Punkte dar, bei denen sich beide Parteien einigen könnten. Der Satz “ An einer Regierung, die Kriege führt und Kampfeinsätze der Bundeswehr im Ausland zulässt, die Aufrüstung und Militarisierung vorantreibt, werden wir uns nicht beteiligen.“ minimiert eine Möglichkeit einer Koalition mit Bündnis 90/Die Grünen deutlich, da diese Auslandseinsätze nicht kategorisch ausschließen. Eine Regierungsbeteiligung von DIE LINKE ist also, hinsichtlich der außenpolitischen Positionen, nicht absehbar.