Glossar: Begriffe der Migrationspolitik

„Ausländerkriminalität“:

2020 hat die Ausländer*innenkriminalität laut IMK-Bericht (2021) im Vergleich zum Vorjahr um 5,1% abgenommen, bei Zuwander*innen nahm die Kriminalität sogar um – 11.4% ab. Die Zahl an Ausländer*innen unter den Opfern von Straftaten hat dagegen im Jahr 2020 leicht zugenommen (+1,3%).[1] Laut Bundeszentrale für politische Bildung[2] ist bei Statistiken zur so genannten Ausländerkriminalität außerdem zu beachten, dass bestimmte Straftaten lediglich durch nicht-Deutsche begangen werden können, also etwa Bestimmungen zum Aufenthaltsrecht. In solchen Bereichen gibt es für deutsche Staatsbürger*innen keine Regeln, die zu brechen wären, entsprechend ist der „Ausländer*innen“-Anteil unter den Täter*innen in diesen Bereichen überdurchschnittlich hoch.

Quellen:

Clankriminalität:

Die Konrad-Adenauer-Stiftung definiert die so genannte Clankriminalität als „Begehung von Straftaten durch Angehörige abgeschotteter Subkulturen mit einer gemeinsamen ethnischen Herkunft, verwandtschaftlichen Verbindungen, einem hohen Grad der Abschottung nach außen sowie einer generellen Ablehnung des deutschen Rechtsstaates, verbunden mit einer eigenen Werteordnung“ (KAS 2021, S. 2). Es handelt sich also um einen Teilbereich der Organisierten Kriminalität. Der Begriff „Clankriminalität“ ist allerdings umstritten: Kritisiert wird zum einen die Unbestimmtheit des Begriffs, zum anderen, dass er auf leicht rassistisch instrumentalisierbaren Kategorien wie Ethnie und Herkunft aufbaut und rassistische Bilder vermittelt.

Quelle: Bickel, Sven (2021): Clankriminalität als Gefahr für die Innere Sicherheit (I). Hintergründe eines kriminellen Phänomens. Konrad-Adenauer-Stiftung (Hg.). Online abrufbar unter: https://www.kas.de/documents/252038/11055681/Clankriminalit%C3%A4t+als+Gefahr+f%C3%BCr+die+Innere+Sicherheit+%28.PDF%29.pdf/df745ac9-e97e-c926-eeb1-8a0ce73ab8c5?version=1.0&t=1617788508294 (aufgerufen am 13.07.2021).

EU-Türkei-Deal:

Die im Jahr 2016 abgeschlossene EU-Türkei-Erklärung ist maßgeblich für den Rückgang der Asylanträge in der EU verantwortlich, der seit 2015 anhält: Im Schnitt kommen nach Angaben der Bundesregierung täglich nur noch 104 Schutzsuchende auf den betroffenen Inseln im Mittelmeer an (Vergleich: 2015 waren es 7000 Menschen pro Tag). Zwar hat dieser Vertrag folglich zur De-Eskalation der gesellschaftlichen Krisenstimmung innerhalb der europäischen Gesellschaften beigetragen – doch zunehmend werden auch die Schattenseiten des Abkommens erkennbar: Die EU gibt damit nicht nur ihre Verantwortung zur Einhaltung der Menschenrechte für Geflüchtete an ein zunehmend autokratisches Regime ab, aus sicherheitspolitischer Perspektive hat die Türkei mit dem Vertrag außerdem ein politisches Druckmittel gegen die EU in der Hand. Im März 2020 wurde deutlich, dass der türkische Präsident Erdogan auch bereit ist, dieses Mittel zu nutzen, als die Türkei knapp 18 000 Asylsuchende in Bussen an die EU-Außengrenzen fuhr.

Quellen:

https://www.tagesschau.de/faktenfinder/eu-tuerkei-fluechtlingsabkommen-109.html

https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/migration-ordnen-steuern-und-begrenzen-1601598

Flüchtling:

Laut Bundeszentrale für politische Bildung bezeichnet der Begriff „Flüchtling“ „Personen, die aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit oder Religion in ihrem Heimatstaat verfolgt werden bzw. aufgrund der sozialen, wirtschaftlichen oder politischen Bedingungen bzw. aufgrund eines Krieges oder Bürgerkrieges ihr Heimatland verlassen mussten.“ Flüchtlinge verlassen ihre Heimat also nie freiwillig, sondern werden zur Migration gezwungen. Nach dem Völkerrecht gelten nur solche Formen der Zwangsmigration als Flucht, die durch Verfolgung ausgelöst wurden. Solche, international anerkannten Flüchtlinge haben nach der völkerrechtlich verbindlich geltenden Genfer Flüchtlingskonvention ein Recht auf Asyl. Für alle anderen Formen der Zwangsmigration – also aufgrund eines Krieges, der persönlichen wirtschaftlichen Lage oder aus gesundheitlichen Gründen – greifen lediglich die humanitären Verpflichtungen, die aus dem deutschen Grundgesetz hervorgehen.

Quelle: https://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/politiklexikon/17496/fluechtlinge

FRONTEX:

FRONTEX ist die Grenzschutzagentur der Europäischen Union mit über 1500 Mitarbeitenden. Im Unterschied zu den nationalen Grenzschutzpolizeien der EU-Mitgliedstaaten hat FRONTEX lediglich beschränkte Kompetenzen bei der Durchsetzung von EU-Recht. Zuständigkeiten der Agentur sind etwa die Kontrolle und Sicherung der EU-Außengrenzen oder die Koordination von gemeinsamen Rückführoperationen der EU-Mitgliedstaaten. Kritisiert wird der Umgang von FRONTEX mit Geflüchteten: NGO’s und zivile Seenotrettungsorganisationen wie Seawatch oder ProAsyl werfen der Agentur regelmäßig Menschenrechtsverletzungen und Verstöße gegen international geltendes Flüchtlingsrecht vor, etwa die Durchführung so genannter „Push-Back“-Operationen und die Kooperation mit der libyschen Küstenwache.

Quellen:

https://www.bpb.de/gesellschaft/migration/kurzdossiers/179679/frontex-fragen-und-antworten

https://www.tagesschau.de/investigativ/monitor/frontex-rueckfuehrungen-libyen-101.html

https://www1.wdr.de/daserste/monitor/sendungen/frontex-libyen-100.html

Moria:

Im überfüllten Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos hatte sich die katastrophale Situation durch Corona weiterhin verschlechtert: Die knapp 12 500 Menschen hatten weder Zugang zu ausreichend Wasser noch zu Hygiene-Einrichtungen, angesichts eines Corona-Falls wurde das gesamte Lager in Quarantäne versetzt. Forderungen nach der Evakuierung des Camps wurden noch lauter, als das Camp im September 2020 durch einen Brand vollständig zerstört wurde. Das Bundesinnenministerium verhinderte zunächst – trotz Aufnahmebereitschaft vonseiten der Kommunen und Länder – die Aufnahme von Bewohner*innen des Camps.

Quelle: //www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/nach-brand-in-moria-neue-debatte-ueber-aufnahme-gefluechteter,SA5xyoN

Sichere Herkunftsstaaten:

Als sichere Herkunftsstaaten gelten „Länder, von denen sich aufgrund des demokratischen Systems und der allgemeinen politischen Lage davon ausgegangen werden kann, dass dort generell keine staatliche Verfolgung zu befürchten ist und dass der jeweilige Staat grundsätzlich vor nichtstaatlicher Verfolgung schützen kann.“[1]Wenn ein Herkunftsstaat als sicher gilt, dürfte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge „gesetzlich erst einmal vermuten, dass ein Asylantragsteller aus einem dieser Staaten nicht verfolgt wird.“[2] Asylanträge dürfen jedoch weiterhin von Schutzsuchenden aus sicheren Herkunftsstaaten gestellt werden. Afghanistan gilt derzeit nicht als sicherer Herkunftsstaat.[3]

Quellen:

Spurwechsel:

Konkret geht es um einen Wechsel vom Asyl – in ein Migrationsrecht. Demnach soll „Mit einem Spurwechsel in der Migrationspolitik […] abgelehnten Asylbewerbern, die in Deutschland leben, der Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert werden.“ Die Idee stammt von Bündnis 90 / Grünen und wird auch von Seiten FDP & SPD als Lösung des „Fachkräftemangels“ vorgeschlagen und in den Bundestagsprogrammen aufgegriffen. Der Spurwechsel wurde bereits im aktuellen Koalitionsvertrag von Union und SPD festgeschrieben, der Stand ist uns nicht bekannt.

Quelle: https://www.zeit.de/politik/deutschland/2018-08/einwanderungsgesetz-spurwechsel-daniel-guenther-faq (aufgerufen am 13.07.2021)

Vorrangprüfung:

Dabei handelt es sich um die „Pflicht, zu prüfen, ob es für eine Stelle nicht auch deutsche Bewerber oder Personen aus dem EU-Ausland oder dem Europäischen Währungsraum gibt“. Kurz: Deutsche Staatsbürger*innen oder EU-Bürger*innen hätten auf dem Arbeitsmarkt Vorrang vor gleich qualifizierten Nicht-EU-Ausländer*innen, die sich auf die Stelle bewerben. Seit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das 2019 mit dem Migrationspakt beschlossen wurde und seit Januar 2020 in Kraft ist, entfällt die Vorrangprüfung bei anerkannter Qualifikation und einem vorliegenden Arbeitsvertrag der Nicht-EU-Ausländer*innen.

Quelle: https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/fachkraeteeinwanderungsgesetz-1563122 (aufgerufen am 12.08.2021)



Autor*innen: Johann Heinrich & Helen Breunig