Wir möchten hier einen Überblick über die verschiedenen klima- und umweltpolitischen Ziele bzw. Positionen der Parteien geben. Hierbei gilt eine Beschränkung auf die sechs größten Parteien, die im September zur Bundestagswahl antreten. Die farblich hinteregten Kacheln (links) bieten eine schnelle Zusammenfassung der wichtigsten Themen, für die die jeweilige Partei in klima- und umweltpolitischer Hinsicht steht. Die "Buttons" (rechts) leiten weiter zu ausführlicheren Gegenüberstellungen der parteispezifischen Positionen unter den entsprechenden Überschriften.
Disclaimer: Wir haben uns dazu entscheiden, die AfD und ihren Ansichten der Vollständigkeit halber in die Kurz-Übersicht mit aufzunehmen. In den vertiefenden Vergleichen werden diese jedoch nicht mit behandelt.
Die wichtigsten Forderungen auf einen Blick!
Welchen Stellenwert hat die Klimapolitik in den Wahlprogrammen?
Quelle: Quarks
Wen sprechen die verschiedenen Parteien wie an? Wie können die Wahlprogramme wirken?
Das Wahlprogramm der Grünen versucht oft eine Verbindung zwischen privater und staatlicher Verantwortung zu ziehen. Bei vielen Themen sollen staatliche Anreize geschaffen werden um das private verhalten in eine klima- und umweltgerechere Richtung zu lenken. Gleichzeitig sollen die Entscheidungen pro Klima und Umwelt staatlich belohnt werden und solche contra Klima und Umweltschutz entsprechend sanktioniert. Dabei fällt ganz klar aus, dass diese Partei sich als Klimapartei versteht. Der Klimaschutz steht über allen Themen und verbindet diese miteinander, es gibt kein Politikfeld, das für sich genommen geändert werden soll, sondern alles steht unter der Überschrift der verhinderung der Klimakatastrophe und dem Überschreiten der planetaren Grenzen bzw. Überschreiten der irreversiblen Kippunkte unserer Ökosysteme. Dadurch wendet sich das Wahlprogramm der Grünen indirekt an alle Menschen (als einzig entscheidungsfähige Lebewesen) um diesen Planeten zu erhalten. Aus allen Ebenen.
Trotz der Fülle der Themengebiete werden vielfach sehr konkrete Ziele gesetzt. Dies vermittelt eine Umsetzbarkeit des großen Ziels und zeigt auf, dass jede*r etwas beitragen kann.
Sehr auffällig ist die Sprachweise und der Stil, in dem geschrieben wird. Zum einen wird die gendergerechte Schrift mit dem inklusiven Sternchen zwischen den binären Geschlechtsformen verwendet (auch das trägt dazu bei, dass alle direkt angesprochen und niemand nur mitgemeint wird); zum anderen wird die sehr bildliche Sprache den einzelnen Themen angepasst: das Plastik in den Meeren ist eine Plastikflut, die Regeln und Maßnahmen in der Verkehrspolitik werden als Leitplanken beschrieben, naturbezogene Themen bekommen Zuschreibungen wir verwurzelt und gewachsen und bei der erneuerbaren Energie geht es um den Rückenwind.
Neben den Individuen und ihren Beteiligungsmöglichkeiten wird viel auf internationaler, meistens europäischer Ebene gedacht. Dies wirkt besonders glaubwürdig, da Klima und Umwelt keine Ländergrenzen kennen.
Dieses Wahlprogramm der Grünen zeigt eindeutig, dass sie sich an der Regierung beteiligen, wenn nicht gar die Kanzlerin stellen wollen. Auch die aktuelle Pandemie-Situation und der Umgang mit dieser, die Pläne für ein Danach deuten auf die Aktualität und den Realitätsbezug hin. Die Partei macht unmissverständlich, dass sie über sich hinausgewachsen ist und sich tief im politischen Feld verwurzelt hat…
Die Freien Demokraten sehen die Verantwortung weder ausschließlich beim Staat, da dieser durch Verbote und Einschränkungen nicht zu sehr in die Freiheiten der Bürger eingreifen soll, noch bei den Bürgern. Die Verantwortung soll dem Markt überlassen werden, was sich an der Forderung der Ausweitung des Emissionshandels erkennen lässt.
Das Wahlprogramm der FDP richtet sich in erster Linie an die wohlhabenden Schichten der Bevölkerung. Dies lässt sich daran erkennen, dass keine Bemühungen für einen sozialen Ausgleich der Kosten durch den Klimawandel erkennbar sind und dass die Forderungen der FDP zwar das Klima retten aber gleichzeitig keinen Verzicht des aktuellen Lebensstils bedeuten sollen. Dementsprechend werden hier eher die Interessen der wohlhabenden Schichten der Bevölkerung verfolgt, da man sich den Erhalt des Lebensstils bei steigendem CO2-Preis leisten können muss, um davon profitieren zu können.
Die Maßnahmen und Ziele der FDP im Bereich Klimapolitik beschränken sich zumeist auf Forderungen und Willensbekundungen ohne konkrete Maßnahmen und bleiben daher allgemein sehr vage. Der Weg zur Klimaneutralität soll dem „Erfindergeist“ der Menschen überlassen werden, was ziemlich offen zeigt, dass die FDP keinen konkreten, detaillierten Plan zum Erreichung der Klimaziele hat. Besonders im Bereich der Ökosysteme und des Artenschutzes bleibt es meist bei der Anerkennung von Problemen, ohne jegliche konkrete Maßnahmen zu definieren. Dementsprechend ist es fragwürdig, ob die Ziele auf diese Weise überhaupt realisierbar sind.
Der Stil des Wahlprogramms ist fordernd und postulierend.
Die zentrale Botschaft im Bereich Klimaschutz ist, dass sich zum Ziel des Pariser Klimaabkommens bekannt wird und dass der Weg dorthin nicht durch Verbote, sondern durch technische Innovationen erreicht werden soll.
Die Maßnahmen verfolgen eher eine integrierende Wirkung, da sie sehr vage bleiben, um möglichst wenigen vor den Kopf zu stoßen.
Beim Wahlprogramm 2021 der FDP handelt es sich um ein Regierungsprogramm, da die vagen Forderungen und die Absage der Verbote und Steuererhöhungen dafür sprechen, dass sie möglichst viele Wähler ansprechen und für sich gewinnen wollen.
Die Verantwortung sehen die Linken beim Staat, was an der reichlichen Kritik an der Bundesregierung zu erkennen ist. Die Schuld für den Klimawandel sehen die Linken allerdings bei den großen Konzernen und den wohlhabenden Schichten der Bevölkerung.
Klassischerweise ist das Wahlprogramm der Linken in erster Linie an die einkommensschwächeren Bevölkerungsgruppen adressiert. Die wohlhabenderen Schichten werden als die Schuldigen dargestellt. Allerdings wird auch die Fridays-For-Future Bewegung adressiert mit dem Satz „Unsere Hoffnung sind die Millionen Menschen, die in den letzten Jahren auf der Straße waren und für Klimagerechtigkeit gestreikt haben“.
Die Linken verfolgen mit ihrem Wahlprogramm die Interessen der Menschen, die weniger haben und besonders stark vom Klimawandel betroffen sind. Obwohl sie behaupten, dass sie für mehr Lebensqualität für alle sind, so werden doch die großen Konzerne und die Reichen eindeutig als Schuldige dargestellt und dementsprechend stark finanziell belastet.
Die Maßnahmen der Linken im Bereich Klimaschutz sind teilweise vage, besonders dann wenn es darum geht, wie gewisse Fördergelder finanziert werden sollen, allerdings sind sie in anderen Bereichen konkret und formulieren viele unterschiedliche Maßnahmen, wie zum Beispiel in der Energiepolitik.
Der Stil des Wahlprogramms 2021 ist postulierend und fordernd.
Die zentrale Botschaft des Wahlprogramms mit Blick auf die Klimapolitik lautet, dass Deutschland so schnell wie möglich vollständig klimaneutral werden, Ungleichheiten abgebaut werden und Großkonzerne entmachtet werden sollen.
Einigen Forderungen der Linken wie die Verpflichtung zur Nutzung der Abwärme von Rechenzentren zur Gebäudeheizung oder die Vorgaben für energiesparende Programmierung erlauben es, die Effektivität und Notwendigkeit dieser Maßnahmen anzuzweifeln. Und Fragen, ob die Investitionssummen wirklich realisierbar sind, bleiben offen.
Im Vergleich zu früheren Wahlprogrammen der Linken, wo der Klimawandel auch schon eine Rolle gespielt hat, hat sich der Anteil, den die Klimapolitik im Wahlprogramm 2021 einnimmt, deutlich erhöht.
Das Wahlprogramm der Linken war traditionell zumeist ein Protestprogramm. Doch dieses Das Wahlprogramm der Linken war traditionell zumeist ein Protestprogramm. Auch wenn dieses Jahr die Konstellation Grün-Rot-Rot eine Möglichkeit der Regierungsbeteiligung für die Linken darstellt, ist diese Möglichkeit nicht sehr wahrscheinlich. Im Allgemeinen ist das Wahlprogramm 2021 daher eher als Protestprogramm zu werten.
Ursprünglich richtete sich die SPD auf die Interessen und Bedürfnisse der Arbeiter aus. Heute bezeichnet sie sich selbst als „Volkspartei“, welche sich den Problemen der gesamten Gesellschaft zuwendet: „Selbstverständlich ist die SPD eine Volkspartei. Warum? Weil sie nicht nur für eine bestimmte Gruppe von Menschen arbeitet, sondern die gesellschaftlichen Fragen insgesamt versucht zu beantworten und tatsächlich die Probleme der Gesamtgesellschaft aufzugreifen“ (Malu Dreyer). Das die SPD alle Wählergruppen ein wenig ansprechen möchte, ist anhand ihrer Überschriften im Wahlprogramm 2021 erkennbar: „Zukunft, Respekt, Europa“ (S.3).
Die SPD verfolgt mit ihrem Wahlprogramm ein bürgernahes „Verhältnis“: HartzIV soll abgeschafft und das digitale und unkomplizierte Bürgergeld in Kraft treten. Auch die klassische Forderung nach mehr sozialer Gerechtigkeit und Chancengleichheit lässt die Bürgernähe spüren: kleinere und mittlere Einkommen sollen steuerlich bessergestellt werden, die Kaufkraft gestärkt und im Gegenzug sollen die oberen fünf Prozent, also die Topverdiener, für die Finanzierung wichtiger öffentlicher Aufgaben herangezogen werden.
Der Stil des Wahlporgramms 2021 ist fordernd und postulierend. Erkennbar ist dies an der häufigen Verwendung der Modalverben „müssen“ und „wollen“.
Die zentralen Ziele der SPD für den Klimaschutz lauten: Klimaneutralität bis spätestens 2045, Strombedarf bis 2040 aus erneuerbaren Energien, Solarzellen auf allen geeigneten Gebäuden, Abscfhaffung der EEG-Umlage bis 2025 und die deutsche Wirtschaft wird Kreislaufwirtschaft.
Einige Forderungen der SPD werfen jedoch weiter Fragen auf: Wenn Deutschland bis 2045 klimaneutral wirtschaften soll, warum soll erst im Jahr 2038 der Kohleausstieg vollzogen werden? Passen die neuen Klimaziele überhaupt mit dem späten Kohleausstieg zusammen? Und wie sollen die Investitionen in die Infrastruktur bezahlt werden?
Im Vergleich zu früheren Wahlprogrammen der SPD, wo der Klimawandel auch schon eine Rolle gespielt hat, hat sich der Anteil, den die Klimapolitik im Wahlprogramm 2021 einnimmt erhöht.
Das Wahlprogramm der SPD scheint auf eine rot-rot-grüne Koalition zugeschnitten zu sein. Erkennbar ist dies z.B.: daran, dass sie sich für ein Tempolimit auf Autobahnen aussprechen, welches den Grünen sehr entgegenkommt. Dies ist auch ein Beispiel dafür, dass sie eine schwarz-rote Koalition nicht anstreben, da das Thema Tempolimit auf Autobahnen von der CDU abgelehnt wird.
Das Wahlprogramm der CDU CSU läuft 2021 unter dem Namen „Das Programm für Stabilität und Erneuerung. Gemeinsam für ein modernes Deutschland“. Stabilität und gleichzeitige Erneuerung, wie kann dies funktionieren?
Anhand folgendem Beispiel lässt sich dies kurz erläutern:
Das große Klimaschutzziel der Unionspartei ist es, bis zum Jahr 2045 klimaneutral zu werden. Wie wollen sie dies erreichen? Zum Einen sollen erneuerbare Energien ausgebaut, Photovoltaik gefördert und die Landwirtschaft nachhaltig gestärkt werden (mehr Informationen finden sich in den vertiefenden Vergleichen) – Erneuerung.
Gleichzeitig sprechen sie sich aber gegen ein Tempolimit auf Autobahnen aus und wollen alle Antriebsarten in Zukunft erhalten – Stabilität.
Armin Laschet (Unions-Spitzenkandidat) stellt das Wahlprogramm als einen Dreiklang vor: „Wir verbinden konsequenten Klimaschutz mit wirtscfhaftlicher Stärke und sozialer Sicherheit“. Hierfür soll die Wirtschaft in Schwung gebracht, Europa gestärkt, eine enge Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen geführt und Deutschland zur klimaneutralen Industrienation geführt werden. Besonders durch die Absage an Steuererhöhungen und die Entlastungen für kleine und mittlere Einkommen wollen sie die Menschen für sich gewinnen.
Die Unionspartei legt ein Wahlprogramm vor, in welchem viele Fragen offen bleiben. Es werden häufig zwar Ziele genannt, die sie erreichen möchten, jedoch fehlen Aussagen darüber, wie diese zum Erfolg geführt werden könnten. Da sich für uns einige Fragen ergaben, haben wir Herrn Thomas Gottweiss (Umweltpolitischer Sprecher der CDU) um ein schriftliches Interview gebeten.
Das Wahlprogramm der Unionspartei ist in einem postulierenden und fordernden Sprachstil verfasst. Erkennbar ist dies an der häufigen Verwendung der Modalverben „müssen“ und „wollen“. Zudem wird gegendert, jedoch wird dieser Stil nicht konsequent durchgeführt, wie z.B. bei den Grünen.